Das Schulsystem: Schulbildung - Teil 1 und Schulalltag - Teil 2
In Teil 1 haben Sie über die allgemeine Schulbildung in Russland gelesen. Und jetzt versuchen Sie, sich den Schulalltag der russischen Schüler und Lehrer vorzustellen. Am Ende finden Sie auch ein paar Wörter aus dem Jargon der Schüler- die Wörter, die sie bestimmt überall hören werden, aber nicht im Wörterbuch finden können.
Hausaufgabenheft (wörtlich übersetzt Schultagebuch), Schulbücher, Schulhefte und Mäppchen. Ins Hausaufgabenheft werden nicht nur die Hausaufgaben eingetragen, sondern auch die Noten. So können die Eltern ihr Kind immer kontrollieren, wie gut seine Leistung war. Die schlechten Leistungen kann man nicht vor den Eltern verheimlichen, denn sie müssen diese jede Woche im Hausaufgabenheft unterschreiben, was auch später vom Klassenleiter kontrolliert wird. Die Schulhefte (besonderes in solchen Fächern wie Russisch und Mathematik) werden häufig von den Lehrern eingesammelt und die Schüler werden sie später mit den Noten zurückbekommen. Die Fehlerkorrektur muss dann unbedingt durchgeführt werden und es wird noch mal kontrolliert. Die Schulbücher werden in der Schulbibliothek für ein Jahr ausgeliehen. In der letzten Zeit werden die Schüler aber aufgefordert die Bücher zu kaufen.
Schultagebuch | Schulheft | |
Die Schulen werden meistens von Montag bis Freitag besucht. In manchen Schulen ist Samstag auch ein Schultag.
Der russische Schultag besteht aus fünf bis sechs Schulstunden zu 45 Minuten. Dazwischen sind Pausen (перемены [pirimjeny]) von 10-20 Minuten Länge. Der Unterricht beginnt um 9°° Uhr (manchmal um 8 Uhr) und endet ca. um 14°° Uhr. Es gibt aber keine Schule in Russland in der der Schultag um 7:55 beginnt. Das ist für die Russen sehr ungewöhnlich! . Wenn die Schule zu klein ist, dann werden die Klassen in zwei Schichten unterrichtet. Manche Schüler besuchen dann die Klassen von 14:00 bis 19:00.
Nach der Schule werden die Hausaufgaben gemacht. Bei besonders fleißigen Schülern dauert dies sogar bis 23 Uhr (in den älteren Klassen). Kinder in Russland sind manchmal der Meinung, dass es besser ist an bestimmten Tagen gar nicht in die Schule zu gehen, falls man nichts gelernt hat. In jeder Stunde kann man abgefragt werden. Fast jede zweite Woche gibt es eine schriftliche Arbeit in allen Hauptfächern. Deshalb ist es gar nicht so notwendig mündlich zu arbeiten, denn man wird sowieso irgendwann abgefragt und man erfährt auch die Note dabei sofort. Wenn man abgefragt wird muss man aufstehen, um zu antworten oder noch schlimmer zur Tafel gehen. Man kann sich auch selber melden; man wird dazu immer ermuntert. Jede Note wird vom Lehrer am Ende des Unterrichts offiziell verkündigt und ins Klassenbuch und, wie wir es schon kennen, ins Hausaufgabenheft des Schülers eingetragen.
Fehlen und Schwänzen ist zwar beliebt, aber nicht so leicht. Eine schriftliche "Entschuldigung" muss immer von den Eltern stammen und es kann auch bei der Elternversammlung kontrolliert werden, ob sie nicht von dem Schüler selber geschrieben wurde.
Wenn die Schule ca. um 14:00 zu Ende ist, gehen die Schüler nach Hause. Es gibt auch Möglichkeiten für die kleinen (Grund-)Schüler bis zum Abend in der Klasse zu bleiben. Es ist mit dem Hort vergleichbar und es heißt продлёнка [pradljonka]. Sie werden von den Lehrern betreut, können Hausaufgaben machen und wenn möglich sogar schlafen. Der Hort wird meistens von den Eltern extra bezahlt.
Die älteren Schüler gehen meistens nach Hause, meistens zu Fuß, weil in der Regel die Schule nicht weit entfernt ist. Aber Richtung Sibirien müssen die Schüler, um zu den Schulen zu gelangen weite Strecken zurücklegen und sie müssen sogar im Winter den Schulweg mit Skiern zurücklegen. In den großen Städten fahren einige mit der U-Bahn, Straßenbahn oder Bus nach Hause, aber niemand fährt mit dem Rad oder sogar dem Motorrad, ganz zu schweigen mit dem eigenen Auto. Es gibt auch keine Fahrradwege in Russland. Wenn man zu Hause ist, isst man zu Mittag und fängt mit den Hausaufgaben an. Obwohl jemanden anrufen und sich nach den Hausaufgaben erkundigen gehört auch zu einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen in Russland. Es ist auch beliebt am Telefon mit jemandem die Hausaufgaben zusammen zu machen. Es kostet nicht viel, weil die Ortsgespräche in Russland (noch) kostenlos sind und die Schüler einer Klasse stammen meistens aus dem gleichen Ort.
Es ist auch sehr verbreitet, dass die Kinder nach der Schule entweder die Musikschule, den Sportklub, die Tanzschule usw. besuchen. Als Musikunterricht ist besonderes Klavier beliebt. Als Sport, irgendwelcher Kampfsport, wie Judo oder Karate. Natürlich gibt es viele andere Hobbys. Im Vergleich zu Deutschland kostet dieser Unterricht nicht viel und eine mittlere Familie kann es sich leisten, dass ihr Kind z.B. die Tanzschule und die Musikschule besucht. Manche sind sogar kostenlos, obwohl mit der Zeit die kostenlosen Möglichkeiten immer weniger werden.
Der Begriff моя учительница [maja utschitil'niza] (und auch моя первая учительница [maja pjerwaja utschitil'niza]) (Meine erste Lehrerin) bedeutet vielen Erwachsenen sehr viel.