Das Schulsystem: Schulbildung - Teil 1 und Schulalltag - Teil 2
Stellen Sie sich vor: Sie sind in der 9. Klasse, aber Sie haben die Schule erst seit 8 Jahren besucht. Sie haben drei Monate Sommerferien! Sie haben die Note 1 in der Schule bekommen und deswegen haben Sie Probleme zu Hause. Und Sie haben in der ersten Klasse auch keine Schultüte bekommen, sondern die Blumen, die Sie Ihrer ersten Lehrerin geschenkt haben, die Sie noch damals gar nicht kannten. Komisch, nicht wahr?!? Absolut nicht, wenn Sie in Russland wären.
Hier dauert die Ausbildung 3 Jahre. Nach der dritten Klasse gelangt man gleich in die 5. (die 4. Klasse wird übersprungen).
In der Regel bleibt man in derselben Schule und auch in derselben Klasse. Nach der 9.Klasse werden die Kenntnisse staatlich geprüft. Danach kann man entscheiden, entweder in die Berufsschule zu gehen, oder noch zwei Jahre die Schule weiter zu besuchen (10. und 11. Klasse) um den mittleren Bildungsabschluss (vergleichbar mit dem Abitur) zu bekommen. Mit sehr schlechten Noten wird es normalerweise den Schülern jedoch nicht erlaubt werden die 10. und 11. Klasse zu besuchen, sogar wenn der Wunsch besteht.
Das heißt, mit dem russischen Mittelschulabschluss, können die Russen nicht eine deutsche Universität oder Fachhochschule besuchen. Sie müssen zusätzlich noch zwei Jahre eine russische Universität oder Fachhochschule besucht haben, um ihre Ausbildung auch in Deutschland als Abitur anerkannt zu bekommen.
Alle Schulen in Russland haben bestimmte Nummern (z.B.: „Средняя школа N52 г. Москвы“). Sehr oft wird die Abkürzung: "cш. N52" benutzt.
Außerdem trägt jede Schule noch einen Namen zur Erinnerung an irgendwelche Helden, so z.B. „Средняя школа N22 имени Лягина“ (vergleichbar mit der deutschen Bezeichnung, z.B. „Konrad Zuse Schule“). Diese Namen sind zwar offiziell, aber werden später nirgendwo in Dokumenten oder unter den Leuten erwähnt. Nur die Nummer der Schule mit dem Hinweis auf die Stadt erscheint in allen Papieren, Lebenslauf usw. So werden auch die Schulhefte unterschrieben.
Der 1.September ist offizieller Schulbeginn im ganzen Land. Die Schüler versammeln sich im Schulhof, um die Schüler der ersten Klasse zu begrüßen. Diese Feier wird „das erste Klingeln“ genannt. Ein Schüler der 11. Klasse trägt eine Schülerin der ersten Klasse auf der Schulter. Die Schülerin hat die symbolische Glocke und sie läutet mit dem ersten symbolischen Klingeln zur ersten Unterrichtsstunde. Deswegen sieht man am 1. September so viele Kinder mit den Blumen, aber keinen mit den Schultüten. So eine Tradition kennt man nicht in Russland.
Am 1 September findet normalerweise kein gewöhnlicher Unterricht statt, sondern in einem Unterricht mit den Klassenleitern werden aktuelle Themen der Welt, der Stadt oder der Schule besprochen. In der Sowjetzeit wurde dieser Unterricht des Friedens genannt. Der 25 Mai (dieses Datum kann im Vergleich zu 1.September um ein paar Tage verschoben werden) ist offizielles Schuljahresende. Es gibt auch eine große Versammlung im Schulhof. Am 01.09 und 25.05 werden den Lehrern häufig Blumen geschenkt. Aber für die Schüler der 9. und 11.Klasse ist die Schule am 25. Mai noch nicht zu Ende. Sie müssen noch ihre Staatsexamen ablegen. Und nachdem die Schüler ihre Zeugnisse bekommen haben, feiern die Schüler bis zum Morgen den Abschlussball und beobachten zusammen den Sonnenaufgang.
Es gibt insgesamt zu vier Terminen Schulferien. Im Oktober und Ende März sind die Ferien nur eine Woche lang. Ende Dezember beginnen die großen Winterferien und sie dauern 2 Wochen. Im Sommer, in der Zeit vom 25 Mai bis zum 1 September, sind die Sommerferien - 3 Monate! Das ist bestimmt ein Traum für Deutsche; aber dafür ist das Schulprogramm viel anspruchsvoller als in vielen europäischen Ländern.
Zum ersten Buch in der Schule gehört natürlich die Fibel, auf Russisch букварь [bukwar']. Mit dem "Bukrwar" lernt man lesen. In der russischen Schule wird eigentlich schon erwartet, dass das Kind ein bisschen lesen kann. Erwartet, aber nicht vorausgesetzt. Also, in der ersten Klasse fängt alles mit Buchstabe A an.
Die Liste der Schulfächer nach Grundschule in Russland unterscheidet sich von der in Deutschland. Es gibt keine Sozialkunde, Kunst oder Religion, dafür gibt es aber Werk (Haushaltführung), wo man kochen, nähen und basteln und lernt, und Malenunterrichte (ca. 1-5 Klasse), wo beigebracht wird, wie man richtig malt und auch bastelt. Seit den letzten Jahren steht Informatik und Wirtschaftslehre auf dem Schulplan. Außerdem werden auch Algebra und Geometrie (Mathematik wird ab der 5. Klasse in diese zwei Fächer aufgeteilt), Sternkunde (nur 1-2 Jahre in der 10. und 11. Klasse), und Literatur und Russische Sprache als zwei getrennte Fächer unterrichtet..
Sternkunde | Mathematik | Physik | Geometrie | |||
Auswahl der Fremdsprachen in der Schule ist ziemlich begrenzt.
Latein gehört nie zu Schulprogramm. In der Schule wird meistens Englisch,
und seltener Deutsch und Französisch unterrichtet. Solchen Sprachen wie Italienisch oder Spanisch,
z.B., werden sogar nicht als Fakultativ angeboten. Wenn in der Schule mehrere Sprachen unterrichtet werden
(z.B. Englisch und Deutsch), dann können die Schüler bzw. ihre Eltern meistens
nur am Anfang (ab 5. Klasse) entscheiden, welche Sprache sie lernen wollen.
Die russischen Schüler bekommen doppelt soviel Hausaufgaben auf wie die deutschen Schüler.
Für den Literaturunterricht müssen z.B. viele Gedichte unbedingt
auswendig gelernt werden und danach wird jeder Schüler abgefragt.
Das Notensystem ist komplett anders: "5"- ist die beste Note, "2" - die schlechteste. Die Note 1 darf nicht vergeben werden. Nicht offiziell werden aber auch die Noten 5+ oder 5- oder 3+ vergeben. Solche Noten dürfen aber nie ins Abschlusszeugnis eingetragen werden. Aus "5-" wird 5 und aus "4+" wird 4 dann im Zeugnis. Ausgesprochen, werden die Noten entweder als die entsprechende Zahl genannt (z.B.: пять [pjat']) oder als ein Nomen mit Suffix "-к" (z.B.: пятёрка [pitjorka] ) Sehen Sie sich, um nähere Informationen zu erhalten, die Tabelle unten an. Derjenige, der in allen Fächer eine 5 hat, wird отличник "[atlitschnik]" genannt. Derjenige, der viele 2-er hat, wird двоечник" [dwoischnik]" genannt. Mit diesen Wörtern können umgangssprachlich eine Person und ihre Leistungen beschrieben werden.
Dieses Notensystem in Russland ist sehr alt und existierte schon im 17. Jahrhundert. Jetzt können Sie auch den Namen eines der bekanntesten Kunstwerke von Repin "Wieder eine zwei" verstehen: ("Опять двойка" - [apjat' dwojka]). Die Noten werden täglich ins Hausaufgabenheft (Schultagebuch) des Schülers eingetragen und in das Klassenbuch der Klasse, das der Lehrer immer zu Unterrichtsbeginn bekommt.